Talkshow im Schurkenstaat!
Subventionierter Diebstahl aller Bankdaten, Kopfprämien für HartzIV-Betrüger und Schwarzarbeiter, Stasi-Revival: Demnächst in diesem Theater!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich darf Sie herzlich begrüßen zu unserer Talkshow „Zehn Jahre Murmeltiertag 2010“ mit allen im Bundestag vertretenen Parteien! Die Grünen sind ja nicht mehr vertreten, weil sie ihr Wahlversprechen „Klimawandel“ nicht eingehalten haben. Ein kalter Winter folgte dem nächsten, weil das Murmeltier Phil am 2. Februar immer Schatten sah.
Das politische Klima hat sich indes stark gewandelt: Seit Deutschland vor fünf Jahren zum Schurkenstaat erklärt wurde, leiden wir unter weltweiter Diskriminierung. Frau Doch-Schwerin von der FDP, Sie waren doch dabei als alles anfing.
Nun, es war Murmeltiertag, am 2. Februar 2010, da haben wir von der FDP intern zustimmen müssen, für 2,5 Mio. Euro von einem Hehler bei Schweizer Banken gestohlene Steuerdaten zu kaufen und der Steuerfahndung zu überlassen.
War das denn nicht ein gutes Geschäft!
Anfangs ja. Wir konnten in der Folge 100 Mio. zusätzliche Steuereinnahmen registrieren. Zieht man davon den Verwaltungs- und Ermittlungsaufwand sowie die 2,5 Mio für die Hehlerware ab, blieben unterm Strich immerhin 70 Mio. netto.
Das hört sich doch gut an!
Aber es sind auch ein paar andere Fälle liegen geblieben. Da wissen wir nicht, was die gebracht hätten.
So schlimm hört sich das doch nicht an.
Na, ja, schlimmer war, dass der Empfänger die 2,5 Mio. als Anschubfinanzierung für einen Hackerring eingesetzt hat. Da hat er zunächst noch Schweizer Banken gehackt. Aber der Datenklau lohnte sich immer weniger. So fing er an, amerikanische und chinesische Banken hacken zu lassen. Das war zwar steuerlich nicht ergiebig, aber Geld besteht doch heute nur noch aus Ansprüchen und die sind in Daten festgehalten.
Wollen Sie sagen, durch den Kauf der Hehlerware wurden weltweit Datendiebstahl und Einbrüche in Banken initiiert?
Ja, das lohnte sich schon! Und was meinen Sie, warum wir zum Schurkenstaat erklärt wurden?
Aber warum haben Sie sich dann nicht gegen die Hehlerei entschieden?
Die meisten von uns wollten das ja! Aber man hatte uns den Ruf einer Klientelpartei angehängt. Man hätte uns vorgeworfen, die Steuerhinterzieher in Schutz zu nehmen. Das konnten wir nicht auf uns sitzen lassen.
Also haben Sie aufgrund falscher Verdächtigungen falsch entschieden (Neschle 65)?
In der Politik kommt es nicht darauf an, was ist, sondern was die Menschen denken und was die Presse sie denken macht. Da gab es eben die gezielte Kampagne.
Herr Gysier von der Linken, standen sie nicht später unter einem ähnlichen Druck?
Ja sicher! Als wir vier Jahre später die rot-rote Regierung antraten, bot uns jemand Daten von 100.000 HartzIV-Betrügern für 4,8 Mio. an. Dann kamen Daten von 30.000 Schwarzarbeitern für 1,2 Mio. Hätten wir abgelehnt, hätte es geheißen, wir betrieben Klientelpolitik. Außerdem waren die Datenkäufe Schnäppchen: Nur 48 Euro pro HartzIV-Betrüger. Da haben wir im Schnitt 1.850 Euro pro Nase rausgeholt.
Aber so mussten Sie wegen des Klientelvorwurfs gegen die entscheiden, die Sie gewählt haben?
Das geht ja jeder Partei so! Ohne den Vorwurf der Klientelpolitik gehen heute nur Steuergeschenke an Besserverdiener bei uns Linken und bei der FDP Sondersteuern. Wer offen ein Interesse vertritt, kann es nicht durchsetzen. Der Bürger sollte heute eine Partei wählen, die gegen seine Interessen ist. Nur die kann seine Interessen real durchsetzen.
Und welches „Nasengeld“ zahlt Ihre rot-rote Regierung heute?
Aktuell zahlen wir 300 Euro pro Kopf bei Schwarzarbeit und 150 bei HartzIV-Betrug, wo man schon von „HatzIV“ spricht. Anfangs konnten wir sogar noch einige Stasi-Spürnasen einsetzen. Der einzige Unterschied war für sie die Bezahlung pro Denunziertem anstelle von Festgehalt. Das ist eben Marktwirtschaft! Aber wenn der Staat mehr weiß, kann das ja auch nicht schaden. Oder?
Erinnert mich an die Kopfgeldjäger im Wilden Westen. Oder an Bisamratten: Jedes Fell 1 Euro.
Ja, da sagen sie was!
Aber sie kaufen doch auch immer noch Daten von Steuerhinterziehern.
Da haben wir die Verträge geändert. Mit den Hehlern machen wir jetzt Public Private Partnerships! Der Hehler ist mit 20% am Steuermehrertrag beteiligt. Das ist gerechter und gibt ihm den Anreiz, uns auch die richtig fetten Fische zu liefern.
Aber gibt es nicht auch Missbrauch durch Hehler?
Da gibt es Fälle, wo Diebe und Hehler eine Reihe anderer Daten haben mitgehen lassen. Leider haben sie jüngst auch unsere eigenen Banken bestohlen. Frau Doch-Schwerin sagte es ja gerade: Geld besteht heute nur aus Daten. Und wenn man den Diebstahl beherrscht und dafür mächtig belohnt wird, … ?
Haben nicht mittlerweile sogar viele Steuerfahnder die Seite gewechselt?
Sie sprechen da einen unangenehmen Punkt an! Heute wird schon fast die gesamte Steuerfahndung von Privatfirmen betrieben. Wir konnten die Leute nicht mehr halten, als sie gesehen haben, was den Hehlern gezahlt wurde. Aber das ist bei der Hartz-Hatz nicht anders, nur dass wir bei den „Einsatzkräften“ auf Freunde, Bekannte und Nachbarn setzen. Da gibt es mehr informelle Gelegenheitsmitarbeiter, die meisten davon auf 400 Euro-Basis.
Frau zu der Profys von der CDU, gibt es da denn keine Bedenken der Juristen bei der Verwendung solcher Daten.
Ach, wissen Sie, Herr äh …, die Juristen sehen das so. Es sind ja nicht diese Daten, die vor Gericht verwendet werden. Aufgrund der Daten werden nur die Behörden tätig. Erst Daten, die diese ermitteln, werden verwendet. Und die sind ja nicht gekauft!
Ist das nicht etwas sophistisch und verlogen?
Aber trickreich ist es. Das müssen Sie zugeben!
Hätte es denn nicht auch eine andere Chance gegeben, an die Daten zu kommen?
Ja sicher! Aber wir hatten damals nicht die Geduld, noch länger zuzuwarten. Wir standen kurz vor Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz. Das hätte auch das Schweizer Bankgeheimnis gekippt, übrigens gegen den Widerstand vieler Schweizer. Aber nachdem wir den geklauten Datensatz gekauft hatten, wurde von der Schweiz nicht weiterverhandelt. Nun haben die das Bankgeheimnis gegenüber Deutschland immer noch. Wir sind ja jetzt auch „Schurkenstaat“.
Aber dann mussten Sie doch in der Folge Geld für den Kauf von Daten einsetzen, die Sie nach einem Vertragsabschluss unentgeltlich erhalten hätten?
Ich sagte doch gerade, wir hatten damals keine Zeit. Und vergessen Sie nicht den Vorwurf der Klientelpolitik. Der traf auch uns. Da muss man eben mal was machen, was man sonst nicht tun würde, nur um diesen Vorwurf zu entkräften oder gar nicht erst aufkommen zu lassen (Neschle 65). Selbst die Linke musste deshalb der Bespitzelung des Prekariats zustimmen. Aber die hat da ja Übung!
Zum Glück! Muss ich da mal als Vertreter der Linken dazwischen werfen. Meinen Sie denn Frau zu der Profys, wir hätten sonst die gesamte deutsche Bevölkerung unter Kontrolle und immerhin zwei Drittel von ihr auch schon überführt, seit wir grundsätzlich Absicht unterstellen und ein „Versehen“ nur noch bei Behörden gelten lassen.
Lassen Sie mal gut sein, Herr Gysier! – Herr Munter-Ferien von der SPD: Hat es in der Folge nicht auch Probleme im Öffentlichen Dienst gegeben?
Über einige wurde hier berichtet. Die Steuerfahnder arbeiten jetzt privatwirtschaftlich und bieten dem Fiskus Rundum-Sorglos Pakete an, die voll durchrecherchiert sind. Die FDP müsste das freuen: Da kommt Marktwirtschaft rein wie schon beim ersten Datenhandel.
Gibt es weitere Probleme?
Nun, ich sage mal so! Die Moralbegriffe im Öffentlichen Dienst haben sich schon verschoben. Wir haben mittlerweile V-Männer überall in der internationalen Bankenszene, das Zehnfache an Leuten bei den Bangstern, das wir noch bei den Gangstern der Mafia haben. Mit der Mafia arbeiten wir ja eng zusammen, seit die sich offen im Datenhandel engagiert. Verdeckt hatte sie schon seit Lichtenstein 3, Schweiz 2 und Cayman Islands 4 mitgewirkt.
Aber wenn Gelder an die Mafia fließen ….
Lassen Sie mal stecken, Herr öööh …. Das wurde doch schon alles vor dem ersten Kauf durchdiskutiert und die Presse hat ihn doch unterstützt. Frau Honig in der Peinlichen Post hat damals am Murmeltiertag doch deutlich gesagt: „ … ein höherer Zweck heiligt so manches Mittel“[1]
War das nicht auch das Motto der Inquisition?
Da spielen Sie darauf an, dass es Folterungen von potenziellen Steuerhinterziehern gegeben hat. Das waren Einzelfälle. Da ist der Verwaltung die moralische Leitplanke abhanden gekommen. Aber wundert Sie das? Die unberechtigt erpressten Steuerzahlungen werden natürlich erstattet. Die körperlichen und seelischen Kollateralschäden gehen allerdings zu Lasten des Verdächtigten. Die meisten hatten sich schon verdächtig gemacht, weil sie mehr verdienten als ein Steuerinspektor.
Bei derart harten Methoden bei der Einnahme von Steuermitteln müssen Sie da nicht auch das Ausgabeverhalten der Öffentlichen Hand stärker sanktionieren?
Tun wir doch schon! Bei den Hartzern! Aber wenn Sie das ansonsten machen, will doch keiner mehr in die Politik oder in die Öffentliche Verwaltung. Die wenigen Milliarden an Steuerverschwendung müssen die Bürger dafür schon dulden.
Dasselbe Argument lässt sich doch auch auf die Privatwirtschaft anwenden: Wenn der Staat sie so behandelt, wer will dann noch in ihr und in diesem Staat arbeiten?
Tja, es sind ja schon Tausende weg. Die zahlen ihre Steuern in der Schweiz, den USA oder neuerdings auch in China. Dafür haben wir jede Menge ehrliche HartzIV-Empfänger bekommen, seit wir bei der Einwanderung den Lügendetektor einsetzen.
Das ist doch endlich mal eine erfreuliche Aussicht für den Rest des Jahres 2020. Meine Damen und Herren ich danke Ihnen sehr für Ihre Bestandsaufnahme zu „Zehn Jahre Murmeltiertag 2010“. Auch dieses Mal wird der Winter länger dauern!
P.S.: Siehe auch Aufschreie 2, 23, 24, 25; Depeschles 11, 15!
[1] Antje Höning, Steuerdaten: Kaufen ist richtig, in Rheinische Post vom 2. Februar 2010, S. A2
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