Leon Neschle 46 (24. Woche 2008)

Die Märkte sind besoffen, ekstatisch und erratisch.

Informationen sind schnell. Wahrheit braucht Zeit. (unbekannter Schlaumeier)

In der Informationsgesellschaft scheinen die weltweiten Märkte schlechter zu funktionieren. Die Preisausschläge sind ekstatischer und erratischer. Die Märkte schwanken von einem Extrem ins andere, als seien sie besoffen. Die Milchpreise, für die Bauern jüngst auf die Straße gingen, sind nur ein Indiz. Folgenreicher sind die Preissprünge auf den Energiemärkten. Vorbei sind die Zeiten, wo sich die Tankstellenpreise im Monat mal um einen oder zwei Pfennige bewegten. Heute springen sie täglich fast zehnmal so hoch oder tief. Wie kommt das?

Weil die Marktteilnehmer immer hektischer reagieren. Weil die Basis ihrer Reaktion wüste Spekulation ist. Scheininformation, die ihre Grundlage nicht in fundamentalen Faktoren hat, sondern nur im vermuteten Mehr-Wissen anderer. Diese Information ist schneller als die Wahrheit. Man agiert nicht mehr danach, was man für richtig hält, sondern reagiert abhängig von dem, was andere tun. Dabei hat man die stille Vermutung, die könnten mehr wissen als man selbst und ihre „Insiderkenntnisse“ zu Gold machen. Bei eigenem Unwissen lautet das Motto: Folge dem vermeintlich Schlauen und das so schnell wie möglich! Automatisch und mit unreflektierten Reflexen. „Leon Neschle 46 (24. Woche 2008)“ weiterlesen

Leon Neschle 45 (23. Woche 2007)

Allein der Scharfsinn ist willkommen, doch es will nur Schafsinn kommen

Prosodie verlass uns nie! (fordert Neschles bester Bekannter)

Neschle stellt immer wieder fest: Nur wer musikalisch ist, findet auch den Ton in einer fremden Sprache. Nur wer die Musik beim Sprechen spürt, hört sich so an, wie sich ein Einheimischer anhören könnte. Das gilt nicht nur für tonale Sprachen wie Mandarin, in dem der Ton bei einzelnen Silben auch die Bedeutung macht. Musik ist wie die Mathematik eine Welt-Sprache, doch jede Sprache ist auch Musik.

Die Frage „Was willst Du denn schon wieder?“ scheint im Deutschen schriftlich klar formuliert. Und doch wird gesprochen (oder gesungen) aus ihr etwas völlig anderes je nachdem, welche Sprachmusik man hineinsteckt. „Prosodie“ oder „Prosodik“ nennt man diese Sprachmusik, „prosodisch“ ihren Ausdruck. Der Duden definiert „Prosodie“ hochgestochen als „Lehre von der metrisch-rhythmischen Behandlung der Sprache“.

Wie kommt Neschle auf solch ein Thema? Per Zufall, denn er hatte neulich einen Dissertationsentwurf auf dem Tisch, in dem Prosodie eine wichtige Rolle spielte. „Leon Neschle 45 (23. Woche 2007)“ weiterlesen

Leon Neschle 44 (22. Woche 2007)

Landwirtschaft wird sexy: Frau sucht Bauer!

Die Märkte werden besoffen gemacht, damit sie willig sind. (Neschles Bekannter)

Die Landwirtschaft zieht nach der weltweiten Preiswelle und Mengenebbe für Nahrungsmittel und Bio-Produkte das Interesse auf sich. Bio-Gas und Bio-Diesel machen landwirtschaftliche Produkte für den Energiesektor interessant. Recyclingfähige „Naturstoffe“ lösen „Kunststoffe“ ab.

Darüber wird das Trinken und Essen der (Über-)Lebensmittel fast vergessen. Denn die Milchpreise, für die Bauern gerade auf die Straße gehen, interessieren kaum jemand. Was sind schon Essen und Trinken gegen Auto fahren?! „Leon Neschle 44 (22. Woche 2007)“ weiterlesen

Leon Neschle 43 (21. Woche 2008)

Formel 1 ersetzt Straßenverkehr

Das Schiff hat Schlagseite. Wir können es nur wieder aufrichten, wenn wir alle auf dieselbe Seite gehen 😉 (Willi Entenmann, Ex-Trainer des VfB Stuttgart)

Neulich in Düsseldorf: Eine Diskussion unter Bankern über die Subprime-Krise. Neschle hatte in zwei Essays schon eine ganze Kollektion von Ursachen dafür genannt (Neschle 33 und 41). Die wurden dort zum Teil erwähnt. Aber die Übertragung der Krise nach Deutschland wurde durch weitere Ursachen ergänzt, die auf intimen Kenntnissen beruhen: „Da kommen die Verträge an mit drei Ordnern ‚Allgemeine Geschäftsbedingungen’. Auf Englisch! Ja meinen Sie, die liest einer hier durch? Wir vertrauen da den amerikanischen Kollegen und den Rating-Agenturen.“ Oder: „Wer hebt denn in Deutschland den Finger und fragt nach? Da gibt man sich die Blöße, vom modernen Banking nichts zu verstehen. Modernes Banking ist für die meisten von uns identisch mit dem amerikanischen. Da denkt keiner mehr nach. Aber das ist in der Wissenschaft doch nicht anders. Auch die ist ja völlig amerikanisiert.“ Fast hätte Neschle noch hinzugefügt: „Was aus den USA kommt, wird hier doch gefressen wie Hamburger aus den Donald-Stuben“(Neschle 36). „Leon Neschle 43 (21. Woche 2008)“ weiterlesen

Leon Neschle 42 (19-20. Woche 2008)

Das Märchen von den gläsernen Taschen

Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken. (Lothar Matthäus)

Wenn alles offen wird, wird alles gut. Wenn wir erst im Glashaus sitzen, kann niemand mehr mit Steinen werfen. Wenn alle gläserne Taschen haben, wird die Entlohnung gerecht. Die Großen werden weniger verdienen, die Kleinen mehr. Niemand kann vor anderen verstecken, was er verdient. Jeder kann und darf auch bei jedem darüber urteilen, so oft und viel er will. Er kann sagen, ob jemand etwas nicht verdient, obwohl er es tut, weil ihm ein anderer das unverständlicherweise zahlt. Das schafft Frieden an der Verteilungsfront! Das ist ge- und erlebte Demokratie!? „Leon Neschle 42 (19-20. Woche 2008)“ weiterlesen