Au … Aufschrei 7

Tradition ist oft nur Schlamperei!

Egal, sch … egal, kostenneutral!

„Die deutschen Hochschulen gelten als traditionell unterfinanziert.“ So beginnt die Darstellung der Situation der Hochschulen beim wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages (Nr. 29/7 vom 23. Mai 2007).

„Ja und“, sagt Neschle, „wenn so etwas schon Tradition ist, dann muss man eben mit dieser Tradition brechen!“ – Blutrache war auch mal Tradition unter den Germanen, Ehrenmorde sind es noch in einigen Teilen der Welt. – Doch zum Bruch dieser Tradition ist die Politik in Deutschland trotz des internationalen Wissenswettbewerbs offenbar (noch) nicht bereit. Denn man liest weiter:

„Aus diesen Gründen haben Vorschläge viel Interesse gefunden, die auf eine kostenneutrale Stärkung der Lehre durch „Einführung neuer Personalkategorien“ abzielen, deren Schwerpunkt stärker in der Lehre als in der Forschung liegt.“ Dazu werden in der Politik vor allem zwei Vorschläge diskutiert:

  1. Lecturer: Davon sollen nach der Bildungsministerin, das ist derzeit nicht der, sondern die schavarze Schavan, bundesweit 3.000 Stellen eingerichtet werden. Kostenneutral! Wohlgemerkt: Kosten darf et nix! Gar nichts! Nüsse!Wie „Lecturer“ schon sagt, schaut man bei diesem „Vorleser“ schon wieder „hinüber“ und nimmt Maß am insgesamt eher mäßigen Bildungssystem dort (siehe Leon Neschle 1). Beim „Lecturer“ ist es nur ärger als bei „Bachelor“ und „Master“. Was sich hinter dem in GB verbirgt, ist etwas anderes als seine deutschen Verfechter wollen, und in den USA fallen selbst Märchentante und Märchenonkel unter dieses Schwammwort. Doch wenn wir schon „Bachelor“ und „Master“ sagen statt „Geselle“ und „Meister“, soll es auch hier was Englisches sein; ja wo selbst ALDI schon wirbt mit dem Angebot eines „Lingerie T-Shirts“!

    Eine Negativ-Auslese wird man vermeiden. Sicher!? Klar! Da werden sich alle intelligenten Nachwuchswissenschaftler um solche Stellen schlagen. Vor allem in den Fächern, wo man in der Wirtschaft gut verdient. Ingenieure werden hier Schlange stehen. Man wird streng nach Qualität auswählen müssen!? – Auf welchem Planeten lebt Neschle eigentlich?! Gibt es da nur Germanisten?

  2. Lehrprofessur: Oh, Gott! Was schlägt der Wissenschaftsrat vor? Die haben wir ja schon! An der Fachhochschule, der „University of Applied Sciences“!Führt man den Lehrprofessor an der Uni ein, erhält man denselben Hochschullehrermix, mit dem bei den Nordrhein-Vandalen gerade erst die Gesamthochschulen gescheitert sind! Das ist fast noch nicht einmal Geschichte, aus der man nichts lernen will. Ein Fachbereich, eine Fakultät: Das sind komplexe soziale Gebilde mit meist noch komplexeren Mitgliedern. Die macht man mit der Aufwärmung gescheiterter Gesamthochschulideen nur wieder komplexer.

    Es bedeutet auch die Profile der Universitäten zu verwässern, ihnen die USP (Unique Selling Proposition) zu nehmen. Ein schöner Schritt in den Einheitsbrei, von dem man sich an anderer Stelle gerade verabschieden will.

    Neschle kann hier nur abraten. Sein Motto ist „KISS“: Keep it simple and stupid! Diesem Motto folgt auch der Wissenschaftsrat, aber mit seiner Idee selbst, nicht mit ihren organisatorischen Folgen.

Eines haben beide Modelle gemeinsam: Beide haben Vorbilder. Unbewusste! Die eine ein angelsächsisches (Sonst gäbe es nicht solche Abweichungen!), die andere ein deutsches (Warum sollte man sonst vorwärts in die Vergangenheit der Gesamthochschule?). Wenn aber schon die Politik nichts lernt, wie sollen es die Studenten?

Angesichts des internationalen Wissenswettbewerbs ist jede „kostenneutrale Bildungsoffensive“ lächerlich! Das ist „kB“: kompletter Blödsinn! Zahlungen für das Bildungssystem sind langfristige Investitionen. Wenn man hier „traditionell unterfinanziert“, verspielt man nachhaltig die Zukunft. Angesichts sprudelnder Steuerquellen kann nicht einmal mehr der „Ressourcenansatz“ solches Verhalten erklären. Bildungsinvestitionen kommen komplett den künftigen Generationen zugute, sogar Kindern und Kindeskindern!

Es geht hier ganz einfach und nur in zwei Schritten: Erst: bessere Ausstattung der gegenwärtigen Professuren; dann: stufenweise Erweiterung der Professuren. Flankierend Effektivitäts- und Effizienzsteuerung. So notwendig ein Kropf: Neue Personalkategorien! Akademische Räte und akademische Oberräte laufen gerade aus, da kommt mit den Lecturern dasselbe in Schavanschavarz. Haben wir ein Gedächtnis von Zwölf bis Mittag? Steht hinter solch blindem Aktionismus nur geistige Windstille?

Ein Irrweg ist es zudem, die Bezahlung wissenschaftlichen Personals weiter zu drücken. Da soll Neschle mal einer erklären, wie man bei steigenden Gehältern in der Wirtschaft die Negativ-Auslese für die Uni bei Ingenieur oder Diplom-Kaufmann noch vermeiden soll! Wir brauchen sie nicht zu befürchten: die Negativ-Auslese. Sie ist längst da! Neschles Schlüsselerlebnis: Auf eine Mitarbeiterstelle beim Alter Ego hat sich jüngst jemand mit Examensnote „Vier“ beworben! Das war ein platter Schock, auf den man nur platt reagieren kann: „Das hätt’ es früher nicht gegeben!“

Selbst die zweitschlechtesten Studenten wissen es schon! Doch die Bildungspolitik ist oder tut immer noch ahnungslos? Wir sind schon auf dem Weg nach unten! „Neue Personalkategorien“ beschleunigen diese Fahrt umso mehr, je mehr Gewicht sie erhalten. Herumreißen kann ihre „kostenneutrale Einführung“ schon gar nicht! Dazu bedarf es einer mutigen Bildungsoffensive, die sich auch der eigenen Stärken und Ressourcen bewusst ist, statt mit kulturloser Orientierung an der Angel des Sachsen zu hängen. Wer hier auf einer „kostenneutralen“ Lösung besteht, dem ist die Zukunft dieses Landes egal, ja sogar scheißegal!

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