Aus der Zeit als die Vorbilder noch aus Japan kammen
Es gab Zeiten, da richteten sich alle Blicke des Managements nach Japan. Von den Japanern lernen, hieß damals Siegen lernen.
Neschle hat sich immer schon gefragt, wie man sich Leute als Vorbild nehmen kennen, die ihre Frauen nicht arbeiten lassen. (Jetzt, liebe Leser, ratet mal, wie Neschle das wohl gemeint hat!) Nun aber geht es los:
Vor langer Zeit verabredete ein großer deutscher Konzern mit seinem Mitbewerber aus Japan, dass jedes Jahr ein Wettrudern mit einem Achter auf der Donau ausgetragen werden soll. Beide Mannschaften trainierten lang und hart, um ihre höchste Leistungsfähigkeit zu erreichen. Als der Tag des Wettkampfes endlich da war, waren beide Mannschaften topfit:
Die Japaner gewannen mit einem Kilometer Vorsprung!
Nach dieser Niederlage war das Team des deutschen Konzerns sehr niedergeschlagen und das obere Management entschied, dass ein Projektteam einzusetzen sei, um den Grund für die vernichtende Niederlage zu untersuchen und geeignete Abhilfemaßnahmen zu empfehlen. Die Untersuchung ergab:
Das Problem war, dass bei den Japanern acht Leute ruderten und ein Mann steuerte. Im Team des deutschen Konzerns ruderte ein Mann und acht Leute steuerten.
Daraufhin beauftragte das oberste Management eine Unternehmungsberatungsgesellschaft, eine Studie über die Struktur der Konzern-Rudermannschaft zu erstellen. Die Berater kamen zu dem Schluss: Es steuern zu viele und es ruderten zu wenige.
Um einer Niederlage gegen die Japaner im nächsten Jahr vorzubeugen, wurde die Teamstruktur geändert. Es gab jetzt vier Steuerfachleute, drei Hauptsteuerleute und einen Steuerdirektor. Ein Ruderfortschritts-Verfolgungssystem wurde eingeführt, um alle sechzig Sekunden die zurückgelegte Strecke auf dem Dienstweg in der Hierarchie nach oben zu melden und einen Streckenplan für die nächste Minute vorzulegen. Außerdem wurde ein Leistungsbewertungssystem eingeführt, um dem Mann, der das Boot rudern sollte, mehr Ansporn zu geben. Man war also optimal vorbereitet, als der heißersehnte Tag des Wettruderns wieder kam:
Die Japaner gewannen mit zwei Kilometern Vorsprung!
Der Konzern kündigte dem Ruderer (sozialverträglich versteht sich) aus verhaltensbedingten Gründen, verkaufte die Ruder und stoppte alle Investitionen in die Entwicklung eines neuen Bootes. Der Beraterfirma wurde eine lobende Anerkennung für ihre gute Arbeit ausgesprochen. Die erzielten Einsparungen wurden als Prämie an das obere Management ausgeschüttet.
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