Leon Neschle 26 (33. Woche 2007)

Kuriose Kapitalfehler ums Kapital (I)

Die meisten Glaubenslehrer verteidigen ihre Sätze, nicht weil sie von der Wahrheit derselben überzeugt sind, sondern weil sie die Wahrheit derselben einmal behauptet haben. (Georg Christoph Lichtenberg)

Wissenschaftler sind Rechthaber und Rechthaben kann man nicht delegieren. Man „muss“ es leider zum Glück selbst tun das Rechthaben, so gern man es auch möchte! Daher bleibt Neschle bei den drei folgenden kapitalen Fehlern aus der Finanzwirtschaftslehre gar nichts anderes übrig als dabei selbst Rechthaber zu sein. Zwei Kapitalfehler sind Gegenstand dieses Teils, der dickste Klops wird aber erst in Teil II verbraten.

A. Sie haben Recht, aber es nützt nichts! Ihnen nicht und überhaupt!

Immerhin kann ein Wissenschaftler dilettieren bei seinem Rechthaben. Sogar freiwillig! Das musste Neschle als junger Wissenschaftler erfahren, als er einen älteren Kollegen von einem Fehler in dessen Werk überzeugen konnte. Dessen Reaktion hat Neschle damals umgehauen und ihn am Ethos der Wissenschaft (ver)zweifeln lassen: „Das kann ich aber im Buch nicht ändern. Gerade diese Argumentation hat in der Rezension der Erstauflage das höchste Lob erhalten.“ Viele Jahre danach dasselbe bei einem anderen Kollegen bei einem anderen Fehler: Er könne seinen Fehler leider nicht beseitigen, ohne dass er eine große Zahl seiner „gläubigen“ Fans verliere. Gerade mit diesem Fehler habe er bei diesen Fans Furore gemacht.

Auf solche kläglichen Geistes-Geschöpfe könnte ein Kritiker mit aller Sprachgewalt einschlagen, ändern würde sich deshalb nichts. Auch in der Wissenschaft gilt: Manche Leute hören nicht eher, bis man ihnen die Ohren abschneidet. Und selbst wenn sie die Botschaft hören und der Glaube nicht fehlt, scheint es auch hier besser zu sein, mit der Masse zu irren als allein Recht zu haben. Es „menschelt“ dort eben bis zum armseligen Erbarmen! Ein Fehler wird als Kratzer am Ego empfunden, den man wie die Kratzer eines handgreiflichen Ehestreits oder einer wilden Wirtshausschlägerei zu verbergen sucht. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!

Daher muss man selbst bei Wissenschaftlern den Drang zum Rechthaben relativieren. Es reicht völlig aus, wenn sie von der Richtigkeit einer Behauptung einmal überzeugt waren. Das kann in Gemeinschaft allerdings zur lächerlichen Lemmingparade werden: Sind (fast) alle dieser Wissenschafts-Spezies auf dem Holzweg, wächst sich das zu einer Phalanx von Holzköpfen aus, die sich jeder noch so einfachen und durchsichtigen Wahrheit knorrig in den Weg stellt. Eine bornierte Bretterbarrikade vor haltlosen Hirngespinsten verhindert deren Auflösung.

Das aber ist nur einer der Gründe, warum sich Irrtümer in einer Wissenschaft so hartnäckig halten und die Wissenschaft sich erst mit dem Hinwegsterben der alten Wissenschaftler entwickelt. Ein anderer Grund sind die Grundlagen. Genauer gesagt: Diejenigen, die fehlen! Im Denken! Auch bei vielen Wissenschaftlern! Um solche grundlegenden Dinge geht es hier. Und um deren Folgen in Köpfen von Ökonomen.

Neschle selbst hat diese Kapitalfehler in seinem Studium über sich ergehen lassen dürfen, aber niemals an sie geglaubt und denen nicht, die sie verbreiteten oder gar verbreiterten.

B. Teurer Lieferantenkredit: Kleiner Denkfehler mit großen Folgen!

Einer der peinlichsten Fehler, der sich seit Jahren durch alle finanzwirtschaftlichen Lehrbücher und alle IHK-Prüfungen zieht, ist die Halbwahrheit vom teuren Lieferantenkredit. Diese „Einsicht“ ist einfach und daher so beliebt. Doch sie ist auch einfach falsch! Die „falsche Wahrheit“ erklärt man den gläubigen Studierenden so:

Nehmen wir an, die Zahlungsbedingung eines Lieferantenkredits lautet wie folgt:

Zahlen Sie 980 € innerhalb von 10 Tagen oder in 30 Tagen 1.000 €!

Die Differenz von 20 € für zwanzig Tage Kredit (30 Tage – 10 Tage) wird als der Kreditzins des Kunden angesehen. 20 € auf 20 Tage macht grob gerechnet 360 € auf 360 Tage und damit etwa 36%. Die genauere Rechnung bezieht den Zins auf den Netto-Kaufpreis und kommt zu 36,73%, der effektive Jahreszins mit unterjähriger Verzinsung beträgt sogar 43,86%. So kann man schön rechnen und trifft mit dem Kopf direkt auf den Nagel, aber nicht den Nagel auf den Kopf.

Wenn der Kunde in der Praxis nochmals um 20 Tage später ohne Einwand des Lieferanten zahlt, sind wir in der ein wenig schönenden Grobpeilung immer noch bei einem stattlichen Zins von 18%. – Warum zahlen Kunden solche Wucherzinsen? Diese Begründungen schlagen uns von allen Seiten der Lehrbücher entgegen:

  1. Weil der Kredit ohne Formalitäten bewilligt wird. Aha, keine Bearbeitungsgebühr! Die wird indirekt im Zins bezahlt.
  2. Weil die Anforderungen an die persönliche Kreditwürdigkeit gering sind wegen des „verlängerten Eigentumsvorbehalts“ des Lieferanten. So, so?! Warum denn bei solcher Sicherheit für den Kreditgeber ein hoher Risikoaufschlag?
  3. Weil der Kunde in einer finanziellen Lage ist, in der er den Lieferantenkredit annehmen muss. Oho! Also kurz vor der Liquiditätskrise? Na, da ist der Risikoaufschlag wohl eher begründet. Aber ob ein solch hoher Zins hilft, die Krise zu bewältigen?

Im letzten Fall kann man bei 36% Kreditzins wohl schon von „erpresserischem Wucher“ sprechen, wenn mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt auch noch das Risiko für den Lieferanten gering ist. Bei Zinssätzen von 36% läge man aber in jedem Fall in eklatanter Weise über den üblichen Marktzinsen. Dann wäre eigentlich jeder Lieferantenkredit sittenwidriger Wucher und ein Fall für den Staatsanwalt.

So wie oben dargestellt, steht es fast durchgängig in den Lehrbüchern und der angehende Kaufmann muss bei der IHK-Prüfung so antworten, um einen Haken an seine Lösung zu bekommen. Doch die Lösung selbst hat einen Haken und zwar einen ganz krummen.

Doch die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. Ganz so falsch ist die obige Rechnung nämlich nicht, falls die genannten Fristen wirklich eingehalten werden. Großkunden haben jedoch häufig längere Skontofristen als die kleinen. Sie würden dann niedrigere Zinsen als die Kleinen zahlen, wenn sie die Zinsen zahlen würden. Tun sie aber nicht! Ihr Interesse gilt vor allem dem Hinausschieben des Beginns der Skontofrist. Nehmen wir einmal an, aldi Großkunden hätten im Unterschied zum ersten Beispiel diese Vereinbarung mit dem Lieferanten geschlossen:

Wir zahlen 980 € innerhalb von 40 Tagen und 1.000 € innerhalb von 60 Tagen.

Nach der Logik der Lehrbuchberechnung würde sich hierdurch nichts ändern und wir kämen immer noch zum selben Ergebnis, grob also: 2% auf eine Kreditdauer von 20 Tagen (60 Tage – 40 Tage) macht 36% auf 360 Tage. (Wir wollen hier lieber ungefähr richtig rechnen als genau falsch! Denn diese Rechnung braucht niemand!)

Aber jetzt hat der Kunde das Geld mit Skontoabzug 30 Tage länger! Ist das ohne Bedeutung? Nach der Logik der Lehrbuchrechnungen ja, doch für den Kreditgeber sicher nicht, denn er muss diesen Betrag 30 Tage länger vorfinanzieren, bevor er zu seinem Geld kommt. Dennoch tun unsere Lehrbücher so, als seien die ersten 10 Tage im ersten Beispiel bzw. 40 Tage im veränderten Beispiel ohne Bedeutung für die Höhe der Zinsbelastung und dafür, wer sie eigentlich trägt. Wo liegt der Fehler? – Ganz simpel und anfängerhaft: Der Fehler liegt im Fehlurteil über den Beginn des Kredits. Die Lehrbücher starten den Kredit erst mit dem ersten Tag des Skontoverlustes. Doch:

Ein Kredit beginnt schon, wenn eine Seite die Leistung erbracht hat. Das ist der erste Tag der Lieferung. Was kostet aber der Kredit in den Tagen vor Beginn des Skontoabzugsverbots? Nichts! Überhaupt gar nie nichts! Nüsse!

Nun liegt es am Kunden, ob er mit dem Kredit sogar „negative Kosten“ erwirtschaften kann! Das ist für ihn etwas sehr Positives, so wie beim Arzt, wenn der „negativ„ sagt. Verkauft er gleich am ersten Tag der Lieferung die Ware mit 50% Aufschlag auf den Brutto-Preis, so hat er 1.500 €, die er noch 9 Tage (oder 39 Tage) zur Finanzierung einsetzen kann. Ohne Lieferung und Verkauf der Ware hätte er nichts. Nun lautet die Frage nicht mehr: „Was kostet der Lieferantenkredit?“ Sie lautet: „Was bringt er?“ Hier kommt es darauf an, wie und worin der Betrag investiert wird oder welchen anderen Kredit er ersetzt.

Diese Betrachtung verträgt sich nicht mehr mit der Mär vom teuren Lieferantenkredit. Es soll nämlich große Unternehmungen geben, die über diese Art der Finanzierung ihrer Umsätze mehr Geld verdienen als über ihre Investitionen im Kerngeschäft. Mit Skontofristen von 60 und mehr Tagen und einem rasanten Kapitalumschlag. Kaum sind die Waren da, sind sie schon mit Gewinn verkauft! Doch dieser Gewinn aus dem Veräußerungsgeschäft ist nach Abzug aller Vermarktungskosten sogar geringer als das, was die Unternehmung über seine Finanzierung mit Lieferantenkrediten und die verzinsliche Anlage des Umsatzes abzüglich der Vermarktungskosten verdient. Am Ende zahlt sie immer so pünktlich, dass der Abzug des Skontos nie in Gefahr ist.

Und was bringt man den armen Studenten bei[1]? Meist leider immer noch dasselbe wie Neschle selbst in seinem Studium. Doch Neschle hat die offizielle Version schon damals nicht geglaubt.

Aber wie kommt es, dass solche Elementarfehler sich über Jahrzehnte und quer über das gesamte Schrifttum halten? Neschle findet nur eine Erklärung: Lieferantenkredite gelten wissenschaftlich als unsexy. Darüber denkt keiner richtig nach. Sexy ist aber durchaus, was Praktiker, die darüber nachgedacht haben, mit ihrem besseren Wissen anfangen. Merke: Die ungeschminkte Wahrheit kann manchmal lieblicher sein als die geschminkte, vor allem wenn die Schminke fette alte Theaterschminke ist, welche die Wissenschaft der Wahrheit auflegt.

Diese Schminke ist besonders fett und tiefenwirksam beim nächsten „Kapitalfehler“ aus dem finanzwirtschaftlichen Lehrbuchschrifttum. Der ist nicht ganz so häufig zu finden, weil die meisten Lehrbücher gedanklich gar nicht so tief ansetzen.

C. „Widerlegung“ des Minimumprinzips: Pflaumenminimal ist nicht kostenminimal.

Der Leser fühle sich nicht angepflaumt, aber nun geht es um Pflaumenkuchen. Am Beispiel des Pflaumenkuchens wurde nämlich erklärt, dass die beiden Fassungen des Rational- oder Wirtschaftlichkeitsprinzips nicht gleichwertig seien. Bei gegebenen Mitteln ein Maximum anzustreben (Maximalprinzip) sei sinnig, ein gegebenes Ziel mit einem Minimum an Mitteln zu erreichen (Minimalprinzip) sei dagegen un-sinnig.

Neschles Alter Ego hat schon in seiner Studentenzeit vergebens mit dem Erfinder des Pflaumenbeispiels diskutiert. Damals wurde er dafür zusätzlich noch mit anderen Exempeln als dem Pflaumenbeispiel angepflaumt, etwa so: „Das Minimumprinzip ist falsch. Denn seit wann lohnt es sich mit einem Minimum an Zeitaufwand zum Bahnhof zu rasen, um dort 20 Minuten auf den Zug zu warten?“ Doch der Altego war damit nicht schlag fertig, sondern schlagfertig und schalkfettig antwortete er: „Das Maximumprinzip ist falsch. Denn seit wann lohnt es sich, so etwas mit einem Maximum an Geschwindigkeit zu tun?“

Gibt man ein „falsches Ziel“ vor, „möglichst schnell“ statt „möglichst pünktlich“ am Bahnhof zu sein, darf man sich nicht wundern, dass sogar gerade ein effizienter Mitteleinsatz besonders dazu beiträgt, das richtige Ziel effektiv zu verfehlen. Doch Neschle konnte sagen, was er wollte; das Pflaumenbeispiel blieb im Lehrbuch (Mit Klammerzusätzen von Neschle):

„Eine Großbäckerei will 1.000 Stück Pflaumenkuchen backen. Nach dem Rationalprinzip in der Minimumformulierung würden wir … sagen: Diejenige Produktionsmöglichkeit ist zu wählen, welche die 1.000 Stück Pflaumenkuchen mit einem Minimum an Kosten, z.B. mit einem Minimum an Pflaumen … (Achtung! Hier liegt der Clou!), produziert. Das zulässige Minimum des Pflaumeneinsatzes läge … bei 50 kg. Die Bäckerei hat aber insgesamt 100 kg Pflaumen auf Lager. … Falls die Unternehmung die pflaumenminimale Produktionsmöglichkeit verwirklicht, was geschieht dann mit den restlichen 50 kg? … Nehmen wir an, mehr Pflaumenkuchen werde nicht nachgefragt, so dass die ersparten 50 kg Pflaumen verderben würden. Die Kosten des Wegtransports der verdorbenen Pflaumen betrügen („Betrügen“? Will der Autor das oder tut er es unfreiwillig? Wir werden sehen!) je kg 0,20 Mark. Hat es hier Sinn, die pflaumenminimale Produktionsmöglichkeit zu verwirklichen?“

Die letzte Frage ist rhetorisch und der Leser soll sie mit „Nein“ beantworten! Damit hat er auch Recht, aber nicht mit dem, was ihm gleichzeitig untergeschoben werden soll: die Ablehnung des Minimumprinzips. Der Autor drückt diese dann so aus:

„Deshalb ist die Minimumformulierung unvollständig. Nur die Maximumaussage des Wirtschaftlichkeitsprinzips ergibt eine eindeutige Handlungsvorschrift. Weil nur die Maximumvorschrift allgemein gültig ist, deshalb muss regelmäßig das Entscheidungsproblem erst „vollständig formuliert“ werden, ehe eine Entscheidung getroffen werden kann.“

Mit dieser Aussage hat der Verfasser nun aber mal wieder verdammt Recht, zumindest mit der Forderung, das Entscheidungsproblem vollständig zu formulieren. Genau das hat er allerdings in seinem eigenen Pflaumenbeispiel nicht getan. Schauen wir uns also den Trick 17 mit Selbstüberlistung an:

Anfangs setzt der Verfasser kostenminimale und pflaumenminimale Lösung gleich. (Diese Weisheit dürfte auch auf die Personalpolitik übertragbar sein, aber in dem Werk geht es um Finanzwirtschaft.) Am Ende zeigt er uns jedoch das Gegenteil! Wegen der Beseitigungskosten ist die pflaumenminimale Lösung nicht die kostenminimale. Ein Bäcker, der anders denkt, hätte sich geirrt. Es war von Anfang an unsinnig, die pflaumenminimale Lösung anzupeilen. Doch das galt nicht für die kostenminimale Lösung. Denn die macht der Autor zu seinem eigenen Maßstab.

Hat der Verfasser mit der Widerlegung der Sinnhaltigkeit von Pflaumenminimalität nun bewiesen, dass das Minimumprinzip versagt? Das behauptet er kurioserweise! Oder war es nur die Widerlegung des Entscheidungsmodells des pflaumenminimierenden Bäckers, der eigentlich sein Kosten minimieren sollte? Letzteres war es doch wohl! Denn wer zeigt, dass die pflaumen- nicht immer die kostenminimale Lösung ist, der zeigt auf keinen Fall, dass das Minimumprinzip versagt. Denn er macht das Kostenminimum bei seinem vernichtenden Urteil über das Pflaumenminimum zum Maßstab. Dabei wendet er selbst das Minimumprinzip an, das er zu widerlegen vorgibt.

Dennoch wurde der Verfasser für seine originelle Verdammung des Minimumprinzips und seine überzeugende Beweisführung (wahrscheinlich wurden nur „Pflaumen“ überzeugt!?) in wissenschaftlichen Zeitschriften gelobt und damit vielfach zitiert.

Was aber ist der Stellenwert dieser esoterischen Elfenbeinturmdiskussion úm Minimumprinzip und Maximumprinzip? Geht es da nur um die Klarheit im Denken? Ist das ein rein akademischer Streit?

Ja, weitgehend! Aber es gibt einen weiteren Zusammenhang, in dem die Maximierungszielsetzung diskutiert wurde. Jahrzehntelang! Im Zusammenhang mit der „Anspruchsanpassungstheorie“! Da wurde meist so gefragt: Streben Unternehmer nach „Maximierung“ oder reicht ihnen „Satisfizierung“? Wollen sie das Extreme oder geben sie sich mit dem „Angemessenen“ zufrieden?

Neschle sieht das so: Nur Action bringt Satisfaction! Das ist etwas anderes als: Action bringt nur Satisfaction![2] Unternehmen müssen im Überlebenskampf des Wettbewerbs immer mehr vom Guten und weniger vom Schlechten haben. Mehr als gestern oder im Vorjahr, mehr als der Branchendurchschnitt, mehr als der (Zweit-)Beste und weniger Kosten oder eine niedrigere Cost-Earnings-Ratio als in der Vergangenheit, weniger Kosten als die Konkurrenz. Hier geht es im Rahmen des Benchmarkings sicher um Anspruchsanpassung, doch nicht im Sinne einer Satisfizierung durch das Angemessene. Doch auch um Maximierung dreht es sich nicht. Denn wer nicht weiß, wo das Maximum liegt, der kann es nicht erreichen oder geht vielleicht sogar von ihm weg, wenn er es erreicht hat (Aufschrei 12).

Hier scheint das Minimumprinzip sogar überlegen. Denn beim Nullfehlerprinzip lassen sich die Ergebnisse nachhalten. Doch kann man sich da sicher sein, was da ein Fehler ist und dass die Anwendung dieses Prinzips immer zielführend ist. Neschle kennt eine Frau, die ist so makellos, dass er sie als „langweilig“ empfindet. Einem seiner Freunde geht es mit einem seiner Autos so. Er kann ihm keinen Charakter abgewinnen. Der Unterschied zu den hier diskutierten Fehlern ist freilich, dass deren Kaschierung nicht geglückt ist.

D. Falle auf jeden Fall auf und sei es mit einem Fehler, den Du nicht erkennen lässt!

Die Beibehaltung des zweiten Fehlers war klare Absicht seines Verfassers, der damit auffällige Kratzer an seinem wissenschaftlichen Ego vermeiden wollte. Mit Nacktfleisch oder Benimm-Skandalen kommt man in die Regenbogenpresse, mit Denkdesastern in wissenschaftliche Zeitschriften. Wichtig ist nur: Das Ergebnis fällt auf inmitten graumausiger Einöde wissenschaftstäglichen Einerleis! Pflaumen kann man eben anpflaumen, ist hier die präzisierte Übersetzung von „Mundus vult decipi!“ –

Der Student von heute sei getröstet. Neschle konnte sich von diesen Irrtümern lösen. Das sei auch den Studierenden von heute gegönnt bei den Irrtümern, die sich Neschle leistet oder gar sein Alter Ego. Möge aus seinen Studierenden dennoch etwas werden! Merke jedoch: Wenn alle dasselbe denken, denkt keiner mehr. Und denke daran: Alle Verallgemeinerungen sind falsch! Auch diese hier!

Es irrt der Mensch, solang er strebt,

doch Neschle hat es schon erlebt,

dass Menschen sich auch mal verirren,

ohne sich strebend zu verwirren.

Einfach ist der Clou und „billig“,

der Mensch irrt hier ganz schlicht freiwillig.

Und er weiß in diesem Fall,

wer ihm das glaubt, der hat ’nen Knall.

Denn heute er das nur behaupt

et, weil früher and’re es geglaubt.

Kre-iert als Unwahrheit nicht störte,

weil selber er den Schuss nicht hörte.

Doch heute kann das nur verwirren,

drum war es damals schon kre-irren.


[1] Neschles Alter Ego betont in seiner Vorlesung die Sache mit den Lieferantenkrediten offenbar sehr stark. (Alles raus, was man weiß und wenn es nicht viel ist, gibt es eben Wiederholungen!) Die Folge: Ein Student kommentierte sarkastisch im Internet, das sei das Einzige, was er in der Vorlesung gelernt habe. (Es könnte ja auch an ihm liegen!?) Was er vielleicht nicht erkannt hat, dass auf dieser simplen Erkenntnis ganze Geschäftsideen fußen. Undank ist halt der Welt Lohn! Und Unkraut jäten oder Gülle entsorgen stand noch nie in hohem Ansehen. Fiat iustitia et pereat mundus!

[2] Wort verstellt, Sinn verstellt. Aber häufig denken die Leute nicht richtig hin oder erkennen gutmütig im Falschen das Gemeinte. Wie bei jenen alten Schlagertitel „Alle Wünsche kann man nicht erfüllen“, der richtig „Nicht alle Wünsche kann man erfüllen“ geheißen hätte. Doch das ließ sich nicht so gut singen.

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