Geldgeile Gier gibt Gas!
Xing – The Advert Army Marches On!
Werbung: Für diesen Teil der „Volksbildung“ wird nicht nur in Deutschland mehr ausgegeben als für alle sonstigen Bildungseinrichtungen zusammen. Tauschten wir die Ausgaben für Werbung gegen alle anderen Bildungsausgaben, wir wären das PISA-cken im deutschen Bildungskrater schnell los.
Doch es kommt anders: Wir alle sind jetzt schon willfährige Werbeschüler. Es herrscht allgemeine Werbeschulpflicht! Die Zukunft bringt mehr: Der Werbe-Schüler wird auch Werbe-Lehrer! Dazu braucht er nichts zu lernen. Die werbende Wirtschaft legt ihm ihre Sprüche einfach in den Mund, heftet sie ihm ans Revers. – Der erste Schritt ist getan: „Xing“ heißt dieser Fortschritt!
Die Macher von Xing (früher Business-Netzwerk Open BC), wo Neschles Alter Ego seit April 2007 Mitglied ist, haben sich gedacht: Vom vollfetten Werbeetat möchten wir etwas haben. Ohne die Mitglieder zu fragen, ohne ihre Einwilligung oder Zustimmung haben sie deren individuell erstelltes Persönlichkeitsprofil bereichert mit tiefsinnigen Inhalten deutscher Werbebanner, beim Fußball delikat „Banden“-Werbung genannt.
Da wirbt nun ein Finanzdienstleister bei Xing auf dem Profil des Finanzprofessors, ganz ohne dessen Wissen und Willen. Der Professor wird kostenfrei vereinnahmt für eine ihm willkürlich zugeordnete Werbung! Mit seiner persönlichen Reputation. Er selbst sieht es nicht einmal, weil er Premium-Kunde ist und das nur bei Basis-Kunden angezeigt wird. – „Aber mit dessen Einwilligung!?“, muss der unbefangene Besucher des Profils glauben. Denn ohne diese schien das bislang unmöglich. –
Ja, bislang! Doch dann konnten sich Mitarbeiter von Banken bei Xing nicht dagegen wehren, dass die Konkurrenz auf ihrem persönlichen Profil Werbung machte. Da half nicht einmal das Wettbewerbsverbot in ihren Mitarbeiterverträgen, mit dem sie von den Xing-Machern unfreiwillig in Konflikt gebracht wurden. – Rechtlich geprüft und einwandfrei sagt Xing. Wie viele haben das schon gesagt: vor einem Prozess?
Nach zahlreichen Protesten und langem Zögern haben sich die Xing-Macher entschieden, dass zumindest die Premium-Mitglieder die Werbung auf ihren Profilseiten abschalten können. Damit soll die Sache erledigt sein!? Aber genauer gesagt: Sie müssen die ihnen zugeschaltete Werbung bewusst abschalten, wenn sie die nicht haben wollen. Vergessen die Mitglieder das, wird auf und mit ihren Seiten geworben, mit dem, was die Xing-Macher wollen: Auf Seiten, die Xing im Voraus unter ganz anderen Bedingungen „vermietet“ hat. Auf Seiten, die Mitglieder gerade deshalb besonders schätzten, weil sich da keine Werbung fand.
Offenbar glauben die Xing-Macher, Schweigen der Mitglieder bedeute automatisch Zustimmung. Darf der T-Shirt Produzent mir künftig nachträglich und ohne mein Wissen beliebige Werbung auf mein T-Shirt malen, wenn die T-Shirt-Firma gute Werbeverträge abgeschlossen hat? Ich hole das T-Shirt aus der Reinigung und siehe da, ich werbe für ein besseres Deo als mein jetziges? Entferne ich die Werbung nicht selbst, muss ich damit herumlaufen? Dabei hatte ich das T-Shirt gar nicht mit Werbung gekauft! Schon gar nicht mit einer, auf die ich keinen Einfluss habe!
Bei den Basis-Mitgliedern, die durch ihre Mitgliedschaft das Xing-Netzwerk attraktiver machen, ohne für die Premiumfunktionen zu zahlen, ist die Werbung auf den persönlichen Profilseiten auch nach der Konzession an die Premium-Mitglieder nicht abschaltbar. Sie müssen sich persönlich ohne Einwilligung oder Zustimmung mit einer von Xing zugeordneten Werbung in Verbindung bringen lassen: Jeder einzelne z.B. mit Produkten oder Leistungen der Konkurrenz seines Arbeitgebers.
Denken wir positiv: Muttersöhnchen und Mauerblümchen könnten für Partnervermittlungen werben, der eitle Fatzke für Kosmetika, die arg Verschuldete für Kreditdienstleistler oder der Säufer für sein Lieblingsstoff. Ist doch schön, wenn es passende Werbung gibt!? Es kommt eben nur darauf an, was die Xing-Macher zuordnen? –
Offensichtlich ist den Xing-Machern das Verständnis ihres eigenen Geschäftsmodells abhanden gekommen und der Erfolg zu Kopf gestiegen. Für diesen Erfolg war einmal die Zustimmung der Mitglieder entscheidend. Dieser Erfolg hat Xing als Werbeträger freilich erst attraktiv gemacht. Dann kam die Versuchung und die blindmachende Gier nach Geld, viel Geld aus dem übergroßen Volksbildungsetat der Werbung. Nun ist man dabei, die eigenen Geschäftsgrundlagen zu zerstören.
Neschle bringt mal etwas ins Spiel, das man „Stil“, „Anstand“, „Fairness“, hochtrabender „Moral“ oder „Ethik“ nennt. Das hätte verlangt, dass man die Betroffenen von dieser Maßnahme umfassend und frühzeitig unterrichtet. Im Vorhinein! Bei Premium-Mitgliedern, die für die Leistungen vorher zahlten, wäre das sogar die Pflicht der Xing-Macher gewesen. Und mehr: Man hätte sie um Einwilligung bitten müssen, wenn man ihre bereits erworbene Leistung so verändert, dass sie als verschlimmbösert gelten kann.
Es dürfte auch trotz anderer Beteuerungen von Xing-Seite juristisch eine heikle Sache werden: Wird etwa auf dem persönlichen Profil eines Moslems geworben für Alkohol, Schweinefleisch-Produkte oder „problematische“ Finanzprodukte!? Wer kann jemandem schon sein „Bekenntnis“ ansehen? Wer kann sagen, wie die Zwangswerbung seine Persönlichkeitsrechte tangiert oder ihn gar beleidigt? Das Bekenntnis ist frei wähl- und sogar änderbar und die Würde des Menschen unantastbar! Da kann Neschle nur sagen: Viel Spaß mit den Gerichten! – Oh, eine Frage noch: Wird das der nächste „Karikaturen-Streit“?
Unfreiwillig zugeordnete Werbung hat auf persönlichen Seiten nichts zu suchen. Das hängt nicht von Premium oder Nicht-Premium ab! In Verbindung mit einem individuell hergestellten persönlichen Profil gehört sie strikt geächtet und nicht geachtet.
Liebe Leute bei Xing: Wenn Ihr zusätzliche Asche machen „müsst“, dann auf einer anderen Seite, die Ihr allein gestaltet, nur nicht auf dem persönlichen Profil, das vom Kunden individuell kreiert wurde. Das ist schlicht unanständig, der Wunsch Geld zu verdienen oder Dienstleistungen zu finanzieren nicht!!!
Und was wäre, wenn Xing jedem Werbeträger dafür einen finanziellen Ausgleich zahlen würde? Bei Steffi Graf und ihren Barilla-Nudeln oder Frau Feldbusch und dem Blupp wurden ordentliche Summen gezahlt. Die Testimonials waren freiwillig! Wie viel mehr müsste es da für unfreiwillige Testimonials geben? Doch dafür ist es ja nicht gemacht! Die Gier hat hier die Fesseln der Ethik abgestreift und blind gemacht für das eigene Geschäftskonzept. – War es „Blödheit“ oder „Skrupellosigkeit“ des „Faktors Mensch“? Oder gar „blöde Skrupellosigkeit“ oder „skrupellose Blödheit“? Jeder darf und soll sein Geld verdienen, aber das „Wie“ ist nicht egal!
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Hi zusammen,
manchmal hat man gerade was geschrieben, da hat sich die Welt schon gedreht. Auf dem Profil der Premium-Kunden bei Xing wird nun nicht mehr geworben. Für viele Leute aus dieser Klientel ist die Sache damit erledigt. Sie denken im Grunde wie die Xing-Macher selbst bei der Einführung dieser Werbung: nämlich nicht an die (noch) Betroffenen. Das sind nunmehr direkt(!) nur die Basis-Kunden. Auch den Alt-Kunden unter ihnen wird kein Vertrauensschutz gewährt! Wahrscheinlich wissen die Xing-Macher nicht einmal, was das ist!
Neschle hat nichts dagegen, wenn alle Neukunden mit neuen Bedingungen konfrontiert werden. Dann befürchtet er nur, dass nicht mehr so viele kommen. Auch von seinen alten Basis-Kontakten werden einige abwandern, andere vielleicht zu Premium „upgraden“. Durch das Abwandern von Basis-Kontakten wird jedoch der Xing-Funktion insgesamt geschadet. Davon sind auch die Premium-Kunden betroffen, weil die Größe des Gesamt-Netzwerks ein wichtiger Wertfaktor ist. Das ist eine Grundeigenschaft solcher Kommunikationssysteme. – Wer also von den Premium-Kunden meint, seine Interessen seien gewahrt, auch wenn die der Basis-Kunden beeinträchtigt werden, der denkt von Zwölf bis Mittag, hat den sozialen Charakter solcher Netzwerke nicht verstanden!
Der Vertrauensschaden für die Xing-Macher ist jetzt schon da! Eifrig bemühen sie sich daher zu versichern, dass die Datensicherheit bei Xing gewahrt sei, obwohl das hier gar nicht zur Diskussion stand. Denn sie wissen genau, dass die Werbe-Untat auch Zweifel daran genährt hat, ob man ihnen denn auch sonst vertrauen könne. Reputation, die mühsam aufgebaut wurde, steht plötzlich insgesamt zu Diskusssion, weil der Fundamentalsatz des Marketings nicht beachtet wurde: „Sieh die eigenen Leistungen immer mit den Augen der Kunden!“
Hätte man das bei Xing getan und das eigene Geschäftsmodell verstanden, wäre es niemals so weit gekommen! So „grün“ darf man einfach nicht sein, wenn man mit den persönlichen Daten anderer Leute umgeht!
Noch schnell ein frohes Neues, obwohl der 7.1. schon angebrochen ist,
Euer Neschle