Der ergaunerte Herrenwitz
Plagiat durch Suffragetten! „Aufschrei“ wird gestohlen.
Ereignisse und Diskussionen haben mich meine Fassung (vom 1. Februar) verlieren lassen. Daher habe ich eine zweite verfasst:
In Indien werden besonders viele Frauen vergewaltigt, sagt man, in anderen Ländern werden besonders viele weggesperrt oder zwangsverheiratet. Das ist schlimm, ganz schlimm! Sexismus der übelsten Sorte. Wäre das zugleich bei Männern der Fall, wären es ebenfalls übelste Vergehen und Verbrechen, aber keine „sexistischen“.
Auch in Deutschland gibt es viel zu viel „sexistisch“ motivierte Untaten. Und jetzt kommt der Brüderle daher und der löst bei uns mehr als ein Jahr nach einer tollpatschigen Anmache mit einer lauen Bemerkung eine Sexismus-Debatte aus: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“, und das bei einem Schwatz über das Oktoberfest!
In Spanien, Italien, Frankreich, meist sogar bei uns würde die Bemerkung Brüderles als persönliches Kompliment empfunden. Frauen als solche kommen darin nicht vor und Neschle bezweifelt, dass Brüderle dasselbe zu Frau Schwarzer gesagt hätte. Doch gut, dass sich so viele Expertinnen dazu melden. Mit dem Geschlecht als Geistesmotto ist Feminismus ja Sexismus als Lebensstil. Da kennt man sich damit aus!
Doch nur weil bei Brüderle nicht funktioniert, was bei Müntefering geklappt hat, wirft man ihm nun „Sexismus“ vor. Bei seiner Aura fühlte sich Laura eben nicht wie im Himmelreich. Das hätte Brüderle merken müssen. Sie hat ihm ja vorher gesagt, dass sie ihn für „zu alt“ hält. Vielleicht hat sie ihn aber gerade dadurch in seiner gefühlten „Jugendlichkeit“ gefordert. Und natürlich war es „Altersdiskriminierung“, wenn sie dieselbe Bemerkung von einem „Young Lover“ anders beurteilt hätte.
Denn „Diskriminierung“ heißt zunächst mal nur „Unterscheidung“. Wer das nicht kann und tut, dem ist alles gleich und egal. Dass man dies auch und gerade in Bezug auf das Geschlecht tut, darauf legen Frauen (mindestens) so viel Wert wie Männer, auch wenn sie sich viel häufiger anmaßen, deren Toiletten zu benutzen, als umgekehrt.
Neschle würde gern wissen, ob die „ärgsten Anti-Sexist(inn)en der Welt“, Schwarzer und Nahles, zuhause über ein Pissoir verfügen (lassen) oder ob sie Männern zumuten, sich beim Wasserlassen wie Frauen zu verhalten, falls die überhaupt mal dort vorgelassen werden. Das wäre nämlich latenter „Sexismus“, auch wenn der privat, aber nicht öffentlich(und bei Neschle zuhause), üblich ist. Merke: Auch erzwungene „Gleichbehandlung“ kann „Sexismus“ sein.
Sonst aber kann „Sexismus“ nur Fälle meinen, wo man die Geschlechter gleichbehandeln sollte, es aber nicht tut, obwohl es gar nicht um geschlechtsspezifische Dinge geht. Frauen-Tutorien an der Uni sind daher ein Ausdruck von „Sexismus“. Sie lassen sogar eine doppelte Deutung zu: als Bevorzugung (weiblicher Sexismus) oder als Diskriminierung (männlicher Sexismus), wenn derjenige, der sich für deren Einrichtung entscheidet, Frauen geschlechtsbedingt für „zu doof“ hält.
Die Frauenquote ist vor allem weiblicher „Sexismus“, weil zuerst (oder gar nur) zwischen die Beine geschaut wird und nicht zwischen die Ohren. Männlicher Sexismus kann sie nur sein, wenn eine Quote nicht überschritten werden soll. Doch weiblicher Sexismus scheint nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten, ganz im Gegensatz zu männlichem. An weiblichen Sexismus haben wir uns in Deutschland ebenso gewöhnt, wie die Leute in manch anderen Ländern an den männlichen. Denn dort, wo die Quoten über die 50 Prozent-Marke überschritten sind, gibt es nicht die Quote umgekehrt, ganz zu schweigen von Kindergärten oder Grundschulen, wo Frauen mit feministischen Zielen seit Jahren latenten Sexismus betreiben (dürfen).
Da gibt es fast überall dasselbe Bild, vor allem im Winter: Draußen wild spielende Jungen unter „Betreuung“ einer entfernt stehenden Frau, zitternd und mit verschränkten Armen. Drinnen bastelnde Mädel an Tischen unter Mehrfachbetreuung. Und was das Lesen der Jungen angeht: Ich lese auch nicht den Stoff, der beim Damenfrisör ausliegt. Und Lehrerinnen empfehlen heute fast nur noch Mädchenlesestoff.
So gesehen besteht fast die gesamte Frauenbewegung aus „sexistischen“ Lebensäußerungen und Forderungen, auch wenn etwa ein(e) Professor(in) angehalten wird, bei der Einstellung von wissenschaftlichen(!) Mitarbeiter(inne)n, Frauen zu bevorzugen. Dasselbe gilt für die Tatsache, dass die ehemalige „Frauenforschung“ heute als „Geschlechter- oder Genderforschung“ aufscheint, aber faktisch immer noch nur von Frauen betrieben wird, mit einer Mittelausstattung, bei der sich jeder klassische Lehrstuhl freuen würde. Das ist politisch unterstützter „Sexismus“.
Selbst wenn die „Frauenbeauftragte“ heute als „Gleichstellungsbeauftragte“ daherkommt, habe ich nie einen Mann in dieser Position gesehen. Und wie ist es zu werten, wenn eine Gleichstellungsbeauftragte einem Kollegen bei Einstellungsgesprächen für eine Sekretärin erklärt, sie müsse durch ihre Anwesenheit sicherstellen, dass er die fähigste auswählt und nicht die hübscheste? Das ist purer Sexismus im Gewand von Tugend und Gerechtigkeit.
Es ist hier wie bei allen selbsternannten Tugendbolden, ob Kreuzritter oder Islamisten: Diejenigen, die für sich selbst die höchste Moral reklamieren, sind sich für keine Unmoral zu schade. Und diejenigen, die fremden Sexismus am härtesten geißeln, pflegen den eigenen Sexismus am ungeniertesten. –
Von Feministinnen, die sich ihr Geschlecht plakativ auf die Bekenntnisflagge heften, kann der Vorwurf des „Sexismus“ an Brüderle daher nur verdeckte Selbstkritik sein. Und wer selbst in der Blechdose sitzt, der sollte nicht mit Büchsenöffnern werfen.
Nun halten Männer den weiblichen Sexismus schon seit Jahrzehnten aus, auch weil viele ihn als historischen Ausgleich für jahrhundertelang dominierenden männlichen Sexismus ansehen. Doch wer vorgibt, gegen jeden Sexismus zu sein, sollte auch den weiblichen meiden, Frau Schwarzer. Obwohl Sie „Herrenwitze“ als sexistisch geißeln, erlauben Sie sich z.B., bei Herrn Jauch die Krawatte als Penisersatz zu bezeichnen, was bei krawattentragenden Frauen ja noch gerade anginge. 😉
Auch bei der Diskussion um politische Fragen ist sexuelle Diskriminierung verfehlt. Warum aber setzen informationsgeile Redaktionen dann junge, unerfahrene, fein aufgebrezelte Reporterinnen an der nächtlichen Bar auf angeheiterte Politiker an? Reporterinnen, die sich für die Informationsextraktion trotz angeblich „sexistischer Anmache“ danach noch in deren Auto setzen.
Hannelore Kraft sagte jüngst mit Blick auf männlichen Sexismus mit Recht(!), es komme nicht darauf an, dass man sich als Frau nicht wehren könne, sondern dass man sich ständig wehren müsse. Aber doch bitte auch mit Blick auf die weibliche Seite: Da ist z.B. der Sexismus der Groopies und Co., die ihren Stars auflauern und sie bedrängen, fast generell um einiges heftiger als der männliche, z.B. das Stalking der „Afghanen auf Tour“, die Tom Kaulitz von Tokio Hotel gegen dessen Willen vehement nachstellen. Sie haben eine Favoritin ihres Idols, Laura Kleinas, unter Einsatz von Waffen und Handgranaten sogar mit dem Tod bedroht. Das aber hat in unseren Medien nicht einmal ein Zehntel der Aufmerksamkeit von Brüderles seichter Anmache. Dabei musste sich Kaulitz schon seit 2008 bis hin zur Körperverletzung wehren. Vergleichbares wurde von Laura Himmelreich über Brüderle nie behauptet.
Der gezielte Einsatz weiblicher Reize von Frau Himmelreich auf „sachfremdem Gebiet“ ist daher viel eindeutiger (weiblicher) Sexismus als das plumpe Kompliment von Brüderle Ausdruck eines männlichen Sexismus ist. Daher müsste der Stern sich entschuldigen und nicht Brüderle. Denn er hat ja nur höflich seine Tanzkarte angeboten und nicht seine Schwanzkarte. Aber du siehst eher und lieber den Splitter im Auge des anderen als den Balken vor Deinem eigenen. Denn:
Auch Frauen können Sprüche wie Brüderle: „Na, mein Süßer, ganz schön stramm in der Wäsche“ ist noch das Mildeste, was mir selbst schon widerfahren ist. Doch mir kam es nicht in den Sinn, dabei „Sexismus“ zu unterstellen. Nicht mal bei derjenigen, die mich auf eine Beule in der Hose hinwies, um mich blitzschnell und ungeniert dort anzufassen. Das war es dann freilich auch, ohne permanentes Drängen.
Aus meiner Sicht war diese Tat nicht gegen „den Mann“ gerichtet, sondern nur ein seltsam geäußertes Interesse für mich als Person, das ich jedoch nicht erwidern wollte. Dennoch hätte ich mich danach, anders als Frau Himmelreich, nicht zu der Person ins Auto gesetzt, jedenfalls nicht ohne geschlechtsorientierte Absicht.
Hätte Brüderle freilich das Bedürfnis, allen Frauen dieser Welt mitzuteilen, ob sie ein Dirndl gut ausfüllen oder nicht, und würde er nicht mal Frau Schwarzer ausnehmen, wäre seine Äußerung kein persönliches Kompliment mehr. Doch es soll ja Männer mit Busen geben. Würde er einem Mann dasselbe „Kompliment“ machen, müsste man den Vorwurf des „Sexismus“ schon in Frage stellen. Dann ist es nur eine Bemerkung. Die kann man für blöd halten oder auch nicht. Und mehr ist es ja wohl auch sonst nicht! Mit Sexismus haben wir ganz andere Probleme und daher spielt sich die eigentliche Diskussion auch fern von diesem Fall ab. – Sie sollte das auch tun! –
P.S.: Einen Tag, nachdem Neschles “Aufschrei 61″ in der ersten Version vom 1. Februar gepostet war, veröffentlichte die Rheinische Post eine Doppelseite(!) “Nach dem Fall Brüderle. Die große Sexismus-Diskussion”. Fünf Teilnehmerinnen, natürlich nur Frauen. Schlagzeile “Die Sexismus-Debatte ermutigt betroffene Frauen”. Doch abweichend von der Überschrift ging es in der Diskussion eher um die “Betroffenheit” und “Verunsicherung” der Männer, die z.B. aus Höflichkeit nur noch Männern die Tür aufhalten, weil sie fürchten, Frauen könnten das fehlinterpretieren.
Wenn gerade die Männer so betroffen sind, müsste nach dem Betroffenheitsjournalismus eine Männerrunde zum selben Thema folgen, ja sogar vorangehen. Neschle verwettet aber seinen Kopf gegen eine Erdnuss, dass diese Runde nie kommt.
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Herr Professor,
es ist immer wieder ein Genuß, Ihre Beiträge zu lesen.
Vielen Dank!