Leon Neschle 94

Die stillen Leiden der BetriebswirtschaftslehreEin Essay mit mehr Kopf- als Fußnoten[1]

„Wer eine Sache hinter sich hat, kann sie besser vor sich sehen als wenn er sie vor sich hat.“ (Neschle)

Früher war vieles anders in der Betriebswirtschaftslehre. Heute ist vieles besser, aber längst nicht alles gut. Das gilt für Forschung und Lehre in allen Teildisziplinen dieses Fachs. Es ist aber auch einiges schlechter geworden und der allgemeine Trend des Fachs ist bedenklich. Sehr bedenklich!

Es gibt gute Gründe, warum die heutigen Vertreter die stillen Leiden dieses Fachs nicht deutlich machen. Die wichtigsten sind Selbstachtung und Eigennutz. Man beschmutzt nicht sein eigenes Nest und gefährdet nicht seine Karriere. Beides ist mir als Emeritus nicht mehr so wichtig. Daher werde ich die stillen Leiden hier laut machen, die alten, die mich selbst verbildet haben wie die neuen, die zu Lasten künftiger Generationen gehen. Diese Lasten sind der Grund für meinen Beitrag.

Ich werde mit der Lehre anfangen (Teil 1), weil sie in diesem Fach als gesellschaftlicher Multiplikator wichtiger ist als die Forschung. Wenn ich mich dann der Forschung (Teil 2) zuwende, wird man erkennen, wie wenig es heute mit der „Einheit von Forschung und Lehre“ noch auf sich hat. Die stand früher im Zentrum des Bekenntnisses eines jeden Professors. Und „Professor“ heißt „Bekenner“.

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Au … Aufschrei 75

Steward(s)*Esses, Bürger*Innenmeister*Innen und die „englische Botschaft“

S(ch)austücke des Genderns und seine Ausmister*Innen

Niemand schreibt in den angelsächsischen Ländern „Steward(s)*Desses“ oder Ähnliches, obwohl „Stewardess“ als eine der wenigen weiblichen Sprachformen in der englischen Sprache überlebt hat. Der Rest ist – anders als in der deutschen Sprache – nach und nach dahingeschieden, zugunsten dessen, was „generisches Maskulinum“ genannt wird. Dahingeschieden durch natürlichen Sprachgebrauch, ohne Anweisung durch ein Wörterbuch. Heute stellen englische Wörterbücher weibliche Formen wie „teacheress“ oder „pupiless“ als überholt, antiquiert oder archaisch dar.

Im neuen Online-Duden ist das umgekehrt. Da feiern weibliche Sprachformen fröhliche Urstände und da wird die geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung „Lehrer“ zu einer rein männlichen Bezeichnung umetikettiert, so wie 12.000 andere Personen- und Berufsbezeichnungen. Damit wird das generische Maskulinum faktisch beseitigt. Künftig ist deshalb nicht nur die „weibliche Lehrerin“ ein Pleonasmus, sondern auch der „männliche Lehrer“. Anders als zuvor sind „Lehrer“ fortan nur noch männlich. Das ist Neschle sogar einen zweiten Aufschrei wert (siehe Aufschrei 74).

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Au … Aufschrei 74

Dem Volk aufs Maul hauen: Sexualisierung der Sprache als moralisches Ideal

Gendas, Gender, Gendie – Oder: Was weiß Duden?

Martin Luther wollte bei der Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache „dem Volk aufs Maul schauen“ und dass wir „deutsch miteinander reden“. Das ging nicht ohne Vereinheitlichung. So schuf er in Deutschlands mittlerem Osten unter mächtiger Vitalisierung und metaphorischer Visualisierung der Sächsischen Kanzleisprache mit Anleihen aus vielen deutschen Landen unsere „Muttersprache“ (von „modersprake“).

Konrad Duden aus Wesel lieferte von Westen her die formale Vereinheitlichung und hatte damit noch genug zu „thun“. Von dieser Tradition hat sich der Duden nun verabschiedet. Er beseitigt online 12.000 Mal das generische Maskulinum, indem er Personen- und Berufsbezeichnungen zu rein männlichen Begriffen erklärt und schließt sich damit dem „geschlechtergerechten Gebrauch“ der Sprache durch die akademischen Genderaktivist*Innen an. Statt dem „Volk aufs Maul zu schauen“, versucht der Duden, „dem Volk aufs Maul zu hauen“. Wer fortan das generische Maskulinum nicht schmäht und wer nicht gendert, spricht von nun an falsches Deutsch. 

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Leon Neschle 85-93: Vorbemerkung

Die Erbsünden des Liberalismus – Essay in neun Teilen und sieben Sünden

„Freiheit ist ein Geschenk, das sich nicht jeder gern machen lässt“ (Thomas Willmann „Das finstere Tal“)

Vorbemerkung und Vorschau zum gesamten Essay (85-93)

Hat sich der Liberalismus mit dem Niedergang des Sozialismus in Osteuropa totgesiegt? Gibt es nicht weltweit mächtigen Aufwind für antiliberale Kräfte und den „Rückbau von Rechtstaatlichkeit, Meinungs- und Pressfreiheit“[1]? Sind „Autokratien auf dem Vormarsch“[2]: in Ungarn, Indien, Brasilien, Russland, China, in den USA des Donald Trump? Können wir sogar das Todesdatum des Liberalismus vorhersagen? 

Der Bestsellerautor Harari behauptet ja: Das ist der Tag, an dem „mich das System besser kennt als ich mich selbst“.[3] Mit „System“ meint er die Datenbanken von Google und Co. Dieser Tag des Untergangs sei nahe. Sehr gewiss und sehr nahe! 

Läge Harari richtig, wäre es unsinnig, diesen Artikel über Liberalismus noch zu schreiben oder ihn zu lesen. Doch Harari liegt falsch! Das aber werde ich an anderer Stelle belegen. 

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