Strafanzeigen bei Käßmann
Die Würde des Menschen ist unantastbar! – Das wollen wir doch mal sehen!
Vier Anzeigen liegen vor: Die Justiz soll klären, wie die Information über die Alkoholfahrt von Frau Käßmann in die Öffentlichkeit kam. Das Ergebnis ist klar: Sie wird „ermitteln“ und nichts kommt heraus. Denn prominente Mitbürger sind hierzulande bei jeder Verfehlung öffentlich zum Abschuss freigegeben. Ohne Rücksicht auf ihre Würde! Oder hat jemand gehört, dass der behördliche Informant im Fall Zumwinkel bestraft wurde? Da stand die Presse schon vor der Tür, bevor die Staatsanwaltschaft anrückte und machte es zum Tribunal über einen Steuerhinterzieher, dessen Schuld damals noch gar nicht erwiesen war. Das blieb im Fall Käßmann zum Glück aus.
Was ist denn sonst „ein Verstoß gegen die Würde eines Menschen“, wenn nicht eine Vorführung wie im Fall Zumwinkel? Wovor soll uns dann der Artikel 1 des Grundgesetzes bewahren? Wenn Neschle es richtig gelernt hat, sollen die ersten Artikel des Grundgesetzes den Bürger vor der Willkür des Staates schützen. Das ist die „Errungenschaft“ der jungen Bundesrepublik gegenüber dem Dritten Reich und etwas, das die staatsverliebte Linke nie begreift. Liebe macht da bekanntlich blind!
Die vier Anzeigesteller sehen die Persönlichkeitsrechte von Frau Käßmann durch die „sensiblen Informationen“ an die Presse als verletzt, obwohl es, anders als bei Zumwinkel, von den „peinlichen Szenen“ weder Fotos noch Filmaufnahmen gibt. Man hat den Fall Käßmann nach Lüneburg übertragen: „Dadurch soll vermieden werden, dass auch nur der Hauch des Eindrucks entsteht, wir würden bei der Sachbearbeitung die gebotene Objektivität vermissen lassen.“ sagte Oberstaatsanwältin Irene Silinger aus Hannover. Ihre Staatsanwaltschaft machte die Sache K. öffentlich.
Hier soll also Staatsanwaltschaft (Lüneburg) „ganz objektiv“(!) gegen Staatsanwaltschaft (Hannover) vorgehen, ähnlich wie bei der katholischen Kirche und den Sexualdelikten. Da blieb bis heute alles „im Hause der Kirche“. Das Ergebnis kennen wir!
Die Sprecherin aus Hannover sagte zudem: Behörden hätten sogar die Pflicht, bei Fragen die Wahrheit zu sagen, „sofern sie nicht den Ermittlungsstand gefährden oder Persönlichkeitsrechte verletzen. Beides war hier nicht der Fall.“
Ihre Verteidigungsstellung, Frau Staatsanwältin, die Behörden müssten bei Nachfragen die Wahrheit sagen, wirft doch zwei Fragen auf:
1. Wie kommt es überhaupt zu einer solchen Frage im Fall Käßmann (oder Zumwinkel)? Fragt da ein Journalist ins Blaue hinein, ob Frau Käßmann heute Nacht nicht bei einer Alkoholfahrt erwischt wurde, oder ob Herr Zumwinkel nicht Steuern hinterzogen habe? Man kann sich doch auch hinter seiner „ehrlichen Antwort“ nicht verschanzen, wenn man die Frage selbst initiiert hat. Ging die Sache etwa so ab:
„Haben Sie nicht einen heißen Tipp für einen Artikel, Frau Staatsanwältin?“
„Lieber Herr Hetzer. Ich darf der Presse nichts über laufende Ermittlungen sagen.“
„Aber Sie müssen mir doch ehrlich antworten, wenn ich Sie frage!“
„Das muss ich, wenn nicht die Persönlichkeitsrechte … . Aber das ist nicht der Fall!“
„In welchem Fall ist das nicht der Fall?“
„Fragen Sie nach dem Fall Käßmann?“
„Die Bischöfin?“
„Wer sonst?“
„Natürlich! Was ist denn mit Frau Käßmann passiert?“
„Also, die Frau Käßmann ….“
2. Wer eine Auskunft verweigert, Frau Staatsanwältin, muss sogar auch dann nicht lügen, wenn ein Journalist zufällig – Welch ein Zufall! – die Polizeiaktion bei der Alkoholfahrt beobachtet hätte. Warum wurde diese Option nicht gezogen?
Es gibt also nur drei Möglichkeiten:
1. In Wirklichkeit wurde die Information ohne Anfrage an die Presse gegeben. Die Staatsanwaltschaft lügt und verlässt sich bei der Presse auf deren Auskunftsverweigerungsrecht. Da hat sie fast 100%ige Chancen. Schließlich versaut die Presse sich nicht ihre Informationskanäle! Von anderen fordert sie gerne Moral, aber von sich selbst? Niemand kontrolliert sie wirklich: Gegendarstellungen verbannt sie in die letzte Ecke, Leserbriefe mit Kritik an Redakteuren werden niemals abgedruckt.
Wird die Öffentlichkeit angelogen, fragt sich, was die Aussage noch wert ist, man sei verpflichtet, auf Fragen ehrlich zu antworten. Wohlgemerkt: Es geht um „Anwälte dieses Staates“ und die finden ihr Verhalten auch noch richtig (siehe oben!).
2. Die Frage wurde Journalisten von der Staatsanwaltschaft in den Mund gelegt. Dann verschanzt sie sich nur hinter der „Pflicht“, ehrlich antworten zu müssen.
3. Die Journalisten haben ohne Einfluss der Staatsanwaltschaft Lunte gerochen. Das wäre 1. ein großer Zufall bei Käßmann, 2. ein Wunder bei Zumwinkel. Dann hätte man die Auskunft verweigern können, ohne zu lügen. Dass davon in beiden Fällen nicht Gebrauch gemacht wurde, zeigen die präzisen Angaben bei Käßmann und das überpünktliche Erscheinen der Pressemeute bei Zumwinkel.
Was ist nun von der Staatsanwaltschaft Lüneburg im Fall Käßmann zu erwarten? Nichts! Bei der Besteuerung können Beamte jedenfalls schon seit Jahren unbehelligt von der Staatsanwaltschaft schalten und walten, wie sie wollen. Hier hält nicht die Presse, sondern der Steuerpflichtige aus Eigeninteresse den Mund. Auch Neschle tut das mal. Ein anderer soll sprechen:
„Dass Finanzbeamte von jeglicher Strafverfolgung verschont bleiben, weil die Staatsanwaltschaften bei bewussten und nachweisbaren Verstößen gegen unsere Verfassung nicht tätig werden … Reine Nebensache.“ (Kommentar zu Leon Neschle 67, Tippfehler korrigiert)
Bei Käßmann sollen sie sogar gegen ihre eigenen KollegInnen ermitteln?! Unabhängig von persönlichen Sympathien, die eher bei Frau Käßmann liegen: Hat die Staatsanwaltschaft nicht mal die Zurschaustellung von Zumwinkel geahndet, wer glaubt daran bei Käßmann? Auge und Auge? Das gilt doch bei den Krähen nicht!
Demnächst werden Staatsanwälte bei den sexuellen Übergriffen die mangelnde Selbstreinigungskraft der katholischen Kirche kritisieren. Willkommen im Land der Vielfachmoral! Welcher Staat muss das sein, dessen Staatsanwälte so sind?
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