Vereinfacht die Verwaltung,
verdoppelt die Probleme!
Deutsche Bürger: Allein auch vernünftig zu haben! Kollektiv nur in doof?
Seit geraumer Zeit greift in den Behörden die Verwaltungsvereinfachung als typisch deutscher Beitrag zum Bürokratieabbau. Einspruchsverfahren wurden abgeschafft und der Bürger ist gezwungen, ohne diesen Puffer sofort zu klagen. Wie das zwar die Verwaltung vereinfacht, aber die Probleme für die Bürger verdoppelt, erfuhr Neschle jüngst an einem Beispiel, das aus Schilda zu stammen scheint:
Es war einmal ein Bauherr. Der wollte bauen, so wie es Bauherrn schon immer getan haben, wenn sie einen Bauplatz hatten. Bevor der regsame Bauherr damit anfing, fragte er bei seiner Gemeinde nach. Die gab ihm „inoffiziell“ die Auskunft, das könne er dort natürlich tun. Er müsse dabei aber 6 Meter Abstand vom Bürgersteig wahren.
„Moment mal!“, sprach der wackere Bauherr: „Dagegen habe ich Einwendungen: Bei den anderen Häusern meiner Straße ist diese Entfernung nur 3 Meter. Wenn ich das mache, bleibt mir als Garten hinterm Haus nur noch ein schmaler Schlauch, während vor dem Haus ein 6 Meter tiefer Vorgarten prangt.“
„Das ist nun einmal die Beschlusslage des Rates“, sagte der beflissene Beamte.
„Aber warum hat man plötzlich die Breite des Vorgartens verdoppelt“, wollte der Bauherr wissen. „Die Straße ist über Jahrzehnte gewachsen und mein Bauvorhaben ist das letzte, das in dieser Straße möglich ist. In der geraden Häuserzeile würde es als einziges Haus zurückspringen.“
„Ich sagte schon: Das ist die aktuelle Beschlusslage“, er-widderte der Beamte so ungeduldig, als wollte er den Bauherrn auf die Hörner nehmen.
„Dieser Beschluss könnte ja nur sinnvoll sein, wenn die Verbreiterung der Straße geplant wäre. Die anderen Häuser sind aber weniger als 10 Jahre alt“, versuchte sich der Bauherr in einer Deutung des Rats-Sinnes.
„Sie müssen ja erst einen Antrag stellen“, wollte der Beamte das Gespräch und die offensichtlich nutzlose Sinnsuche des Bauherrn abkürzen.
„Und was ist, wenn Sie den Antrag ablehnen? Damit muss ich ja nach Ihren Erläuterungen rechnen“, gab der Bauherr zu bedenken.
„Dann können Sie nur noch klagen. Seit der Verwaltungsvereinfachung gibt es keinen Einspruch mehr. Das erspart uns hier Arbeit“, berichtete stolz der Beamte.
„Aber das bedeutet ja, dass ich meinen Baubeginn um Jahre verschieben müsste“, fiel es dem Bauherrn ein wie der Dachstuhl nach einem Hausbrand. (Manchem fällt der Dachstuhl nach einem Hausbranntwein ein und beschädigt sein Oberstübchen.)
„Deshalb ist es gut, dass Sie vorher zu mir gekommen sind“, lobte ihn der Beamte.
„Aber trotzdem brauchen Sie ja einen Antrag, den Sie dann ablehnen können“, entfrustete sich der genervte Bauherr.
„Das ist richtig“, bestätigte der Beamte überlegen und man verabschiedete sich.
Wie nun der Bauherr so mir nichts dir nichts vor sich hinwandelte, plagte ihn seine missliche Lage, und er begann nachzusinnen. Hatte die Verwaltungsvereinfachung die Lage für ihn verzwickter gemacht?
Folgte er dem Beschluss des Rates, so wurde sein rückwärtiger Hausgarten zu einer Art Garten-Korridor, während sein Haus auf der Frontseite drei Meter hinter allen Häusern der Straßenseite zurücksprang. Das wollte er nicht hinnehmen.
Stellte er aber einen formalen Antrag, der nach Lage der Dinge unter einfachem Verweis auf die Beschlusslage des Rates abgelehnt wurde, könnte ihn das Jahre kosten mit ungewissem Ausgang. Denn vor Gericht und auf hoher See ist man halt in Gottes Hand, was eine Beschönigung dafür ist, dass man dort auch den Teufel sieht. – Was also tun?
War der Antrag erst gestellt, setzte der neue Behördenautomatismus ein und die Sache wurde gerichtlich in die Länge gezogen. Aber er musste den Antrag ja stellen, sonst ging es gar nicht. Es gab freilich eine dritte Möglichkeit: Verzicht auf den Bau und Verkauf des Grundstücks. Doch konnte er dem Käufer sein neues Wissen verschweigen? Nein! Und daher würde er Verluste hinnehmen. Er hatte das Grundstück erst kürzlich gekauft, ohne eine Ahnung davon, dass ausgerechnet ein Haus auf diesem einen Grundstück einen doppelt so weiten Abstand zur Straße haben sollte.
Gäbe es noch den Einspruch, dann hätte er Hoffnung, noch nach seinem Gusto zügig mit seinem Bau beginnen zu können. Dann würde er seinen Antrag bereits gestellt haben. Aber nun nach der Verwaltungsvereinfachung? Schon die Antragstellung setzte ihn der Gefahr aus, über Jahre blockiert zu sein. Schöne Verwaltungsvereinfachung! Das war ja End-Bürokratisierung statt Entbürokratisierung. Jetzt gibt es zwar kein Ein- und Widerspruchsverfahren mehr, aber vielleicht auch manchen Bauantrag weniger. Da ist es doch das Gericht, das hier nicht schmeckt!
So sinniert der Bauherr nun seit Wochen über seinem nicht gestellten Bauantrag und seinem unrealisierten Bauvorhaben. Und wenn das nicht gestorben ist, stirbt es vielleicht schon bald.
Wie sagte doch jüngst Thomas Doll: „Da lach’ ich mir doch den Arsch ab.“ Viel Freude dabei! Aber treibt es nicht zu Doll!
PDF-Datei
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ich hab da ein Lehrvideo gefunden was helfen könnte 🙂
http://www.myvideo.de/watch/607232/der_Kofferraum_AFFE_Beamtenbestechung
Tja..und das alles vor dem Hintergrund der lahmenden Bauwirtschaft. Hauptsache der Verwaltungsbeamte hat was zu verwalten…..